Das sind meine 3 Ferien-Fotos mit den meisten Likes — und diese 3 Dinge können Journalist*innen davon lernen
Du darfst wählen
Entweder: Ich bin kein Journalist. Deshalb fällt mir das (viel gerühmte und abgegriffene;) «thinking out of the box» leicht.
Oder: Ich bin Journalist, weil wir heute eh alle Journalist*innen sind — denn alle sind irgendwo Expert*innen und können via Social Media und Blogs mit ihren Gedanken und Geschichten Menschen erreichen und bewegen.
Wie auch immer
Die bewusst oder unbewusst kuratierten Timelines und Newsfeeds auf Social Media und deren Algorithmen ermöglichen enorm viele Assoziationen. Dieser oft sehr wilde Mix entwickelt ein sehr viel grösseres gedankliches Potential, als wohl geordnete Bünde, Rubriken, Programme oder Kanäle. Wer dann auch noch eigene Beiträge teilt und es Reaktionen darauf gibt, dann entsteht dabei ein Nährboden für viele witzige, harmlose und inspirierende Gedankenspiele. Und genau in diesem Mix ist die Idee entstanden, Parallelen zwischen Instagram-Bildern und Journalismus zu suchen und zu finden.
Und weil ich den Text mit obigen Titel bereits auf Facebook ankündigte, schrieb Katja, die meine Ferienfotos biz kannte, einen grossartigen Kommentar, dessen treffenden Teil ich beim jeweiligen Bilder ergänzen möchte.
1. Der Filter-Porno
Es gibt keine einzig wahre Wirklichkeit.
Immer wieder entstehen in meiner Bubble Diskussionen dazu, wie viel Filter «erlaubt» sind. Nicht selten werde ich für meinen diesbezüglichen Hang ins Kitschige kritisiert. Leider fällt mir jedoch erst jetzt die passende Anekdote ein, um auf diese Kritik zu reagieren:
Kunstinteressierter zu Picasso: Wieso malen sie die Frauen nicht so, wie sie wirklich aussehen? 🤔
Picasso: Wie sehen die Frauen wirklich aus? 😏
Kunstinteressierter zückt ein Foto seiner Frau aus der Brieftasche und sagt: So! 🙂👍
Worauf Picasso lachte und sagte: So klein und so flach? 😂
Eine Foto-Aufnahme ist also bereits ohne Filter eine enorme Verkürzung und Komprimierung der Realität. Und das ist natürlich immer auch ein Text. Immer. Verkürzt und Komprimiert. Nix Wahrheit. Nix Realität. Nix «Was ist». Entweder schwarz/weiss. Oder gefärbt. Immer mit Filter.
Das ist das Bild mit den zweitmeisten Likes aus den Ferien.
Mit Filtern.
Und dasselbe Bild vor der Bearbeitung (Transparenz herstellen)
Katja: «Sonnenuntergang geht immer — also immer schön nach Westen schauen»
2. Der (fast) richtige Moment
Seit ich mir vor gut zwei Jahren mein Smartphone zugelegt habe, machte ich damit mehr als 15'000 Bilder. Und weil ich deshalb langsam an die Kapazitätsgrenzen komme, werde ich bei den Aufnahmen eine Spur knausriger. Aber auch so mache ich immer noch unzählige Fotos. Zum Beispiel von unserem Ferienort Quinten. Jeweils vom Schiff aus.
Ich mache meine Foto-Aufnahmen immer eher beiläufig. Im Gegensatz zur Bearbeitung. Und so fuhr ich auch an diesem Morgen nicht extra früh raus, um ein Bild mit dem idealen Licht zu machen. Ich wollte einfach mit einem frühen Schiff nach Murg schnell was einkaufen gehen. Und wie jedes mal, wenn ich auf dem Schiff unterwegs bin, machte ich ein Bild von Quinten.
Einzig, dass ich die Heck-Wellen des Schiffes einfangen könnte, sah ich mal drüben aufm Account des «Quintners».
Und so ist es doch oft auch mit guten Geschichten. Sie brauchen Zeit. Es braucht verschiedene «Einstellungen», Momente und immer wieder neue Anläufe.
Und wenn ich ehrlich bin, so bin ich mir immer wieder aufs Neue unsicher, ob es wirklich DAS Bild ist. Und ich lasse auch viele gute Bilder liegen. Weil es Wiederholungen wären oder ihnen irgendwas fehlt, das ich nicht beschreiben könnte.
Das ist der Instagram-Post mit den meisten Likes.
Katja: «Die Schweiz als Ferienland hat derweil Exotenstatus»
3. Die Selbstdarstellung ¯\_(ツ)_/¯
Ich wuchs aufm Land auf. Ich besuchte Geigen- und Ballett-Unterricht. Ich ging ins Militär. Ich war Landschaftsgärtnermeister. Ich besass eines der ersten offiziell zugelassenen Elektromobile der Schweiz. Ich organisierte Gross-Raves und unzählige legale und illegale Partys. Ich kuratierte künstlerische Hacks, die medial Wellen schlugen, und das erste reine «Online-Medienhaus». Und seit drei Jahren arbeite ich nun in «den Medien».
Keine Frage: ich exponiere mich nicht ungern. Aber ich weiss auch immer, woher ich komme und dass es ganz unterschiedliche Menschen und Milieus gibt. Das alles machte mich über die Jahre sehr entspannt. Auch mir gegenüber. Deshalb muss ich mich nicht (immer) so ernst nehmen und kann auch über mich lachen (lassen). Das würde vielen gut tun. Gerade auch Journalist*innen.
Das ist das Bild mit den drittmeisten Likes.
Katja: «Gummiboot funktioniert auch mit weissem Mann»